Der Weg zu skalierbaren AI-Anwendungen
Wie industrial-grade AI und Basismodelle die Produktivität in der Automatisierung vorantreiben. Blueprint für AI-basierte Automatisierung von Sortierung und Qualitätssicherung von Siemens setzt neue Maßstäbe.
Wie industrial-grade AI und Basismodelle die Produktivität in der Automatisierung vorantreiben. Blueprint für AI-basierte Automatisierung von Sortierung und Qualitätssicherung von Siemens setzt neue Maßstäbe.
In der rasant fortschreitenden Ära der Digitalisierung in der Industrie spielen Automatisierung und AI eine unverzichtbare Rolle bei der Steigerung der Effizienz und der Optimierung industrieller Produktionsprozesse.
Eine wegweisende Entwicklung in diesem Kontext ist der Blueprint für AI-basierte Automatisierung von Siemens, der als Pionierwerkzeug und Methodenbaukasten für Aufgaben wie automatisierte Sortierung und Qualitätssicherung neue Maßstäbe setzt. Der Blueprint ist die Antwort auf die Frage, wie Siemens die Zukunft der Produktion gestaltet wird.
Der Kern des Blueprints liegt in seiner Fähigkeit, Objekte nicht nur mechanisch zu bewegen, sondern sie auch intelligent zu erkennen und zu klassifizieren. Durch den Einsatz fortschrittlicher Sensortechnologien identifiziert der Blueprint Objekte und trifft in Echtzeit Entscheidungen über deren Bestimmungsort und weitere Merkmale wie Qualität oder Materialeigenschaften. Diese hochmoderne Kombination aus Sensoren und maschinellem Lernen markiert den Übergang von traditioneller Automatisierung zu einer intelligenten, datengetriebenen Entscheidungsfindung.
Was den Blueprint für AI-basierte Automatisierung besonders auszeichnet, ist seine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an verschiedenste Anwendungsfälle. Von der Erkennung fehlerhafter Teile über die Qualitätskontrolle in der Lebensmittelproduktion bis hin zu spezialisierten Anwendungen wie Recycling – der Blueprint bietet Lösungen für Herausforderungen in zahlreichen Branchen.
Das modulare System setzt sich aus drei Komponenten zusammen: einer Lifecycle-Plattform für AI-Basismodelle, um das AI-Engineering zu unterstützen, einer Laufzeit- und Automation-Integration- Lösung, basierend auf der Siemens Edge-Plattform, also einem SIMATIC-Industrie- PC von Siemens mit einem eigenen Betriebssystem, und einer Automatisierungslösung (etwa einem Delta- Picker-Roboter), welche mittels SIMATIC Robot Library gesteuert wird und durch einen Greifer Objekte aufnehmen kann.
Basismodelle oder Foundation Models sind große neuronale Netze, die mit riesigen Datensätzen trainiert wurden und die Herangehensweise an AI-Projekte in der Industrie grundlegend verändern. Traditionell orientieren sich AI-Projekte am CRISP-DM-Modell („Cross-Industry Standard Process for Data Mining“), das Ende der 1990er-Jahre als universelles Rahmenwerk für datengetriebene Projekte entwickelt wurde. Der größte Aufwand entfällt auf die Datenvorbereitung (40–50 Prozent), während Business- und Domänenverständnis etwa 25–40 Prozent beanspruchen. Modellierung ist mit gut vorbereiteten Daten effizient (10–20 Prozent), während Evaluation und Deployment weniger Zeit erfordern (je 5–10 Prozent). Ein Kernproblem für die Skalierung von AI liegt in der Komplexität industrieller Anwendungen und der oft mangelnden Verfügbarkeit hochwertiger Daten für spezialisierte Modelle.
Basismodelle bieten einen neuen Ansatz, indem Siemens große, vortrainierte AI-Modelle bereitstellt, die für allgemeine Aufgaben in der Industrie geeignet sind und sich flexibel an verschiedene Anwendungen anpassen lassen. Durch Feinabstimmung können diese Basismodelle an spezifische industrielle Anwendungsfälle angepasst werden, ohne jedes Mal von Grund auf neue Modelle zu trainieren. Dies spart Zeit, reduziert Kosten und ermöglicht eine schnelle Skalierung, da ein starkes Modell als Grundlage dient, das an verschiedene Industrien und Maschinen adaptiert werden kann. „Dadurch, dass Foundation Models auf sehr großen Datensätzen vortrainiert sind, können sie mit minimalem Aufwand zur Lösung neuer Use Cases angewandt werden“, sagt Claudia Holzgethan von der Forschungsgruppe Distributed AI Systems bei Siemens Österreich.
Dadurch, dass Foundation Models auf sehr großen Datensätzen vortrainiert sind, können sie mit minimalem Aufwand zur Lösung neuer Use Cases angewandt werden.
Claudia Holzgethan, Forschungsgruppe Distributed AI Systems, Siemens Österreich
Foundation Models zeichnen sich durch „Vision-Fähigkeiten“ aus, insbesondere im Hinblick auf die Identifizierung von physischen Objekten und Fehlern. Diese Fähigkeiten können in Anwendungen wie Robotik und in einer autonomen Fabrik zum Einsatz kommen. Basismodelle sind zwar vortrainiert, können aber während der Laufzeit weiterhin aus Dateneingaben oder Eingabeaufforderungen lernen.
Hier einige Beispiele für die Anwendungen von Basismodellen in der Industrie:
PCB-Fehlererkennung in der Elektronikfertigung: PCB (Leiterplatten) sind zentral für elektronische Geräte; selbst kleine Herstellungsfehler können Geräteausfälle verursachen. Typische Probleme sind defekte Leiterbahnen, Lötfehler, fehlausgerichtete Bauteile oder fehlende Teile. Ein Basismodell für die Elektronikindustrie kann Defekte während des Montageprozesses automatisch erkennen.
Automatisierte Sortierung im Recycling: Effektives Recycling erfordert die präzise Sortierung von Materialien (Kunststoff, Metall, Glas, …) und Stoffströmen bzw. die Erkennung von gefährlichen Substanzen wie Blei oder Quecksilber und von Störstoffen wie etwa Langteilen. Präzise Identifizierung und Trennung sind entscheidend. Ein visuelles Basismodell kann effizient an die Bedürfnisse der Anlage und des Stoffstroms adaptiert werden und somit verschiedene Materialien zuverlässig klassifizieren.
Batteriedemontage im Automotive-Kontext: Lithium-Ionen-Batteriepacks, vor allem aus E-Fahrzeugen, sind komplex und bergen Explosionsrisiken. Eine sichere und effiziente Demontage ist entscheidend. Das Modell erkennt verschiedene Komponenten (Zellen, Module usw.) und Schäden, um die Demontage mithilfe einer Robotics-Lösung sicher zu unterstützen.
Lithium-Ionen-Batteriepacks sind komplex und bergen Explosionsrisiken: Das AI-Modell
erkennt verschiedene Komponenten und unterstützt die sichere Demontage.
Trotz des enormen Potenzials von Industrial AI stehen Unternehmen oft vor großen Hürden bei der Integration in bestehende Systeme. Der Blueprint von Siemens löst dieses Problem. Durch seine standardisierte Infrastruktur ermöglicht der Blueprint eine einfache Realisierung und Skalierung von AI-Lösungen, die zugleich wartungsfreundlich und vollständig mit industriellen Prozessen kompatibel sind. Damit positioniert sich der Blueprint als Schlüsseltechnologie für Unternehmen, die den Sprung in die Zukunft der intelligenten Produktion wagen wollen.
Neben der Optimierung von Produktion und Sortierung erleichtert das Basismodell für visuelles Verständnis auch die Bereitstellung von Edge-fähigen AI-Modellen. Siemens Xcelerator ermöglicht ein zentrales Management von AI-Modellen und befähigt durch seine anwenderfreundliche Benutzeroberfläche selbst Nicht-AI-Expert:innen, AI-Modelle zu testen und Use Cases mit geringem Aufwand und Risiko zu validieren. „Ein Basismodell für visuelles Verständnis soll künftig über den Siemens-Xcelerator-Marktplatz angeboten werden und erleichtert somit den Einstieg in industrial-grade AI“, merkt Daniel Schall, der Leiter der Forschungsgruppe Distributed AI Systems bei Siemens Österreich, an.
Ein Basismodell für visuelles Verständnis soll künftig über den Siemens-Xcelerator-Marktplatz angeboten werden und erleichtert somit den Einstieg in industrial-grade AI.
Daniel Schall, Leiter der Forschungsgruppe Distributed AI Systems, Siemens Österreich
Der Siemens-Blueprint verkörpert die Vision einer intelligenten, flexiblen Produktionsumgebung, in der AI-basierte Basismodelle eine Schlüsselrolle spielen. Durch ständige Anpassung an veränderte Bedingungen setzt Siemens neue Standards in Effizienz und Flexibilität für Produktions- und Sortierprozesse. Diese multimodalen Modelle, die Daten aus verschiedenen Quellen integrieren, ermöglichen Unternehmen, ihre Prozesse intelligent zu optimieren – damit sind sie ideal aufgestellt, um zukünftigen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. „Eine AI ist nur so gut wie ihre Integration in die Gesamtlösung. Daher bieten wir ein Integrationsframework, um KI optimal mit Automatisierungstechnologien nutzen zu können“, so Lukas Gerhold, Leiter SIMATIC Application Center, Siemens Österreich.
Eine AI ist nur so gut wie ihre Integration in die Gesamtlösung. Daher bieten wir ein Integrationsframework, um KI optimal mit Automatisierungstechnologien nutzen zu können.
Lukas Gerhold, Leiter SIMATIC Application Center, Siemens Österreich
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