Auf dem nächsten Level zur CO2-neutralen Stadt
In der dritten Forschungsphase von Aspern Smart City Research wird auf digitale Plattformen, KI und Digitale Zwillinge gesetzt, um urbane Räume weltweit klimaneutral zu machen.
In der dritten Forschungsphase von Aspern Smart City Research wird auf digitale Plattformen, KI und Digitale Zwillinge gesetzt, um urbane Räume weltweit klimaneutral zu machen.
Eines der bedeutendsten Energieforschungsprojekts Europas, Aspern Smart City Research (ASCR), startete 2024 in die dritte Programmperiode, die bis zum Jahr 2028 dauert. Das Motto des neuen Forschungsabschnitts lautet „ASCR NeXt Level. 2028“. Die dritte Phase des Innovations-Joint-Ventures zwischen den Wiener Stadtwerken, Unternehmen der Stadt Wien und Siemens baut auf dem „Living Lab“ im Wiener Stadtentwicklungsgebiet aspern Seestadt sowie auf bereits etablierten Innovationen auf. Der Fokus wird auf städtische Infrastrukturen erweitert, wobei die bisher erarbeiteten Innovationen unter Verwendung neuester Technologien auf die Stadt skaliert werden. Das Ziel sind ganzheitliche Lösungen, um die Energiewende Realität werden zu lassen und den urbanen Raum klimaneutral zu machen.
Interdisziplinär Forschende, Entwickler: innen und Mitarbeitende aus unterschiedlichen Bereichen der Muttergesellschaften schufen in den ersten beiden Phasen des Joint-Ventures Innovationen und entwickelten bereits auf dem Markt befindliche Produkte und Lösungen, die internationale Beachtung und Anwendung gefunden haben. In der dritten Phase werden die bisher erarbeiteten Innovationen unter Verwendung neuester Technologien auf die Stadt skaliert. Die konkrete Anwendungsforschung kommt nicht nur der Stadt Wien zugute, sondern dient als sogenannter Blueprint für urbane Räume weltweit und soll somit für interessierte Stakeholder weit über Österreichs Grenzen hinaus wirken. Ein Kooperationsmodell zwischen einem Technologieunternehmen und einer Großstadt in dieser Größenordnung ist europaweit etwas Besonderes.
„Phase eins von ASCR war von F&E sowie der Entwicklung von Konzepten geprägt. In Phase zwei wurden Prototypen evaluiert und bereits erste konkrete Produkte und Lösungen entwickelt. Jetzt geht es darum, alles miteinander zu verbinden und auf eine neue Stufe zu bringen“, sagt Harald Loos, Leiter der Forschungsabteilung von Siemens Österreich und Co-Geschäftsführer der ASCR GmbH. „In den letzten zehn Jahren haben alle Partner aus dem Co-Creation-Joint-Venture ASCR viel Mehrwert generieren können. Für uns war ein entscheidender Vorteil, dass wir gemeinsam mit unseren Kunden an skalierbaren Lösungen für eine wachsende Stadt arbeiten durften und dabei eine produktive Forschungs- und Testumgebung in Kombination mit dem Know-how eines globalen Technologiekonzerns zur Verfügung hatten“, berichtet Loos. „Um die Herausforderungen rund um die CO2-neutrale Stadt zu schaffen, braucht es quasi eine Industrialisierung der Energiewende. Siemens hat mit dem Xcelerator-Angebot die Grundlagen geschaffen, um diese Herausforderungen zu bewältigen“, blickt er auf die Aktivitäten der laufenden dritten Forschungsperiode.
Um die Herausforderungen rund um die CO2-neutrale Stadt zu schaffen, braucht es quasi eine Industrialisierung der Energiewende.
Harald Loos, Leiter der Forschungsabteilung von Siemens Österreich und
Co-Geschäftsführer der ASCR GmbH
Deutlicher als bisher sind die aktuellen ASCR-Forschungsaktivitäten auf die beiden Domänen Energienetze und Gebäude ausgerichtet. Der neue übergreifende Ansatz besteht darin, die Treiber und die Enabler der Energiewende zusammenzubringen. Treiber sind etwa intelligente Gebäude, Elektromobilitätskonzepte, PV-Anlagen, Energiespeicher und viele mehr – alle Elemente, die Energie flexibel verbrauchen, erzeugen, aber auch speichern können. Den notwendigen Austausch zwischen allen Elementen des urbanen Energiesystems möglich macht das Stromnetz. Durch die Verbreitung von erneuerbaren Energiequellen und Möglichkeiten zur Energiespeicherung steht das Stromnetz aber vor großen Herausforderungen. Diese Herausforderungen werden in gemeinsamen Projekten durch den Einsatz von Automation und Digitalisierung adressiert. Eine wichtige Rolle spielen dabei Flexibilitäten, also der intelligente Einsatz von Speichern oder die Interaktion mit flexiblen Verbrauchern durch Vorgaben für Ladestationen für Elektroautos oder das
Wärmemanagement in einem Gebäude.
„Der Ansatz in Forschungsphase drei ist, das komplexe Zusammenspiel der beteiligten Teilsysteme zur Erreichung der Energiewendeziele effizienter und vor allem skalierend zu gestalten. Die Ergebnisse der bisherigen beiden Forschungsprogramme sind sukzessive in die Entwicklung des zukünftigen Siemens- Portfolios eingeflossen. Nun, in der dritten Phase, stehen erste Siemens-Xcelerator-Tools wie Building X, Electrification X und Gridscale X am Start, um in Aspern eingesetzt und etwa durch die Integration von KI weiter verbessert zu werden. Das ermöglicht zum Beispiel einem Verteilnetzbetreiber mit Hilfe von Transparenz und neuem Risikoverständnis, die physikalischen Kapazitäten effizienter auszunutzen“, sagt Alfred Einfalt, ASCR-Forscher und Principle Key Expert im Bereich Smart Grids in der Forschungsabteilung von Siemens Österreich.
Der SICAM Enhanced Grid Sensor (EGS) von Siemens ist ein Netzsensor, der in der zweiten ASCR-Forschungsphase in ein Produkt übergeleitet wurde und für eine bislang unerreichte Transparenz im Verteilnetz sorgt. „Diese Komponente kann von Netzbetreibern in ihren Trafostationen einfach installiert, konfiguriert und in eine Softwareplattform wie etwa Gridscale X integriert werden, sodass der Zustand des Niederspannungsnetzes zu jeder Zeit überwacht werden kann. Wir haben das System in der ersten Phase konzipiert und in der zweiten Phase entwickelt hin zu einem funktionsfähigen Produkt, das genau den Bedürfnissen unserer Kunden entspricht“, so Robert Tesch, Business-Unit-Leiter Electrification and Automation bei Siemens Österreich. „Mit unseren Produkten und Lösungen helfen wir Netzbetreibern dabei, ihre bestehende Infrastruktur noch effizienter zu nutzen“, fährt Tesch weiter fort.
Mit unseren Produkten und Lösungen helfen wir Netzbetreibern dabei, ihre bestehende Infrastruktur noch effizienter zu nutzen.
Robert Tesch, Business-Unit-Leiter Electrification and Automation bei Siemens Österreich
Die zweite Domäne, mit der ersten – den Netzen – untrennbar verbunden, im ASCR-Forschungsprojekt sind Gebäude. Sie kann man auch als Treiber der Energiewende sehen, da sie global für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die effiziente Funktion von Energiesystemen in Gebäuden braucht Intelligenz und Kommunikation. Moderne, aber auch viele revitalisierte Gebäude haben durch den Einsatz von PV-Anlagen, Wärmepumpen sowie elektrischen und thermischen Speichern großes Potenzial, zur Energiewende beizutragen. Dazu braucht es einen optimierten Einsatz und eine abgestimmte Steuerung dieser Elemente im Zusammenspiel mit dem Energienetz und dem Energiemarkt.
Gebäude und deren Elemente müssen sich aber auch in einem gewarteten Zustand befinden, deswegen befasst sich ein weiterer Schwerpunkt des ASCR-Forschungsprogramms mit kosteneffizienten Wartungs- und Betriebsprozessen (Facility-Management) sowie der Überwachung und der Analyse des Verhaltens der Energiesysteme. „Mit den aktuellen Produkten und Innovationen decken wir fast alle Bereiche im Betrieb von modernen Neubauten, aber auch in Bestandsgebäuden ab. Neben dem Energiesystem, das Heizung, Lüftung und Klimatechnik umfasst, sind auch die Bereiche Fire Safety, Zutrittskontrolle und -überwachung wichtig für ein funktionierendes Gebäude. Technologien wie digitale Zwillinge, 3D-Modelle und KI-gestützte Tools für Service und Wartung helfen dabei, den Betrieb noch effizienter zu gestalten. In all diesen Bereichen ist Cybersecurity mittlerweile zu einem wichtigen Thema geworden“, so Lukas Krammer, ASCR-Forscher und Senior Research Scientist in der Forschungsabteilung von Siemens Österreich.
Auch im Gebäudebereich werden in der 3. ASCR-Forschungsphase viel stärker digitale Plattformen zum Einsatz kommen – wie bei den Netzen spielen Siemens Xcelerator und die damit verbundenen Systeme eine entscheidende Rolle. Die darin enthaltene Anwendung für den Gebäudebereich nennt sich Building X.
Die ASCR-Forschungsaktivitäten haben auch im Gebäudebereich zur Entwicklung von Produkten und Services geführt, die bereits außerhalb des Aspern-Ökosystems zum Einsatz kommen. So wurde ein sogenanntes Energy Service für die 24/7-Echtzeitoptimierung des Energiesystems in Gebäuden entwickelt. Es erlaubt die Reduktion von Energiekosten durch die optimale Steuerung des Energiesystems. Dabei kommen KI-Algorithmen zur Vorhersage von Verbrauch und Erzeugung zum Einsatz. Überdies waren die ASCR-Entwicklungen im Rahmen des „Digital Building Twin“ und die Evaluierung von Methoden aus dem „Building Information Modelling“ Ausgangspunkt für die Entwicklung der Building-X-Applikation „Lifecycle Twin“.
In der Zusammenarbeit bekommen wir wertvollen Einblick in die spezifischen Herausforderungen von Gemeinden und Gebäudebetreibern, die wir in die Weiterentwicklung unseres Portfolios einfließen lassen.
Martin Lang, Leiter der Business Unit Buildings, Siemens Österreich
„Das große Asset, das uns ASCR bietet, ist das Kunden- und Partner-Netzwerk. Es erlaubt uns, Produkte und Lösungen mit einem unmittelbaren Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen. In der Zusammenarbeit bekommen wir wertvollen Einblick in die spezifischen Herausforderungen von Gemeinden und Gebäudebetreibern, die wir gemeinsam in die Weiterentwicklung eines zukunftsweisenden Portfolios einfließen lassen“, sagt Martin Lang, Leiter der Business Unit Buildings bei Siemens Österreich.
„Die grundlegenden Fragestellungen des Projekts sind seit Beginn dieselben. Durch die neuen Technologien, die wir in der Zwischenzeit zur Verfügung haben, können wir Lösungen viel schneller realisieren. Partner inner- und außerhalb des Forschungsökosystems helfen uns, die Lösungen wirtschaftlich sinnvoll zu entwickeln und zu skalieren“, fasst Harald Loos die Stoßrichtung der dritten ASCR-Phase zusammen. „Der zielgerichtete Einsatz von Zukunftstechnologien wie KI oder Digitale Zwillinge hilft uns, die Herausforderungen mit dem notwendigen Tempo zu bewältigen. Gerade im Bereich der städtischen Infrastruktur sind Resilienz und Cybersecurity, Stichwort NIS 2, eine Grundvoraussetzung“, ergänzt er.
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