Illustration von undichter Wasserleitung im Stil eines digitalen Zwillings © Siemens
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Können KI-gestützte Systeme helfen, Wasserverluste zu reduzieren?

Wasser ist eine kostbare Ressource, die aber in vielen Regionen immer knapper wird. Wie Siemens mit intelligenten, selbstlernenden Systemen Wasserversorgern...

Nachhaltigkeit

09.01.2025

Lesezeit 5 Min

Siemens

Es ist irreführend zu glauben, dass Wasserknappheit hauptsächlich ein Problem des globalen Südens ist. Immerhin wird die Zahl der Menschen, die allein in Afrika keinen Zugang zu sauberem Wasser haben, bis 2050 auf über 300 Millionen anwachsen – ein Anstieg um fast das Vierfache gegenüber 2016. Dabei wächst weltweit der Wasserbedarf jedes Jahr um 1 Prozent und die UN warnt davor, dass „die Hälfte der Weltbevölkerung bereits mindestens einen Monat im Jahr unter schwerer Wasserknappheit leidet“.

Doch auch in den Industrieländern sind die Auswirkungen von Wasserknappheit immer deutlicher spürbar. Gleich sechs westeuropäische Staaten führt das Wasserstress-Ranking des WRI (World Resources Institute) unter den 47 Ländern mit hohem oder extrem hohem Wasserstress auf. Jedes Jahr geht fast ein Drittel des weltweiten Trinkwassers – das entspricht der Menge des insgesamt jährlich in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich entnommenen Süßwassers – bei der Verteilung aufgrund veralteter Infrastrukturen verloren. Wasser muss daher effizienter bewirtschaftet werden.

Das wird aber nicht einfach sein. In vielen Teilen der Welt ist die Wasserinfrastruktur – insbesondere Trinkwasserleitungen und Abwasserkanäle – in die Jahre gekommen, aber es ist kompliziert und kostspielig, sie zu ersetzen. London zum Beispiel ist bekannt dafür, dass große Teile seines 10.000 Meilen langen Trinkwassernetzes noch immer aus Rohren aus der viktorianischen Zeit bestehen. Bei den derzeitigen Austauschraten müssten die Rohre in den europäischen Ländern, die heute verlegt werden, für die nächsten 200 Jahre ausreichen. Es braucht daher neue Ideen und hier kommt die Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel.

Beispiel aus Schweden mit 5000 km Rohrleitungen

Digitale Technologien sind im Wassersektor noch nicht sehr weit verbreitet, aber Beispiele aus der Praxis zeigen, wie KI bereits einen tiefgreifenden Einfluss auf die Branche haben kann. Das schwedische Wasserversorgungsunternehmen VA SYD versorgt mehr als eine halbe Million Kunden in Malmö, der drittgrößten Stadt Schwedens, und in der Region Skåne im Südwesten des Landes mit Trinkwasser. Früher verlor das Unternehmen etwa ein Zehntel seines Wassers. Obwohl dies bereits viel besser war als bei den meisten Wasserversorgern (und obwohl Schweden kein trockenes Land ist), war VA SYD entschlossen, mehr zu tun, um die Leckagen in dem von ihm betriebenen Netz, das aus 5000 Kilometern Rohrleitungen besteht, weiter zu reduzieren.

© Siemens

Der schwedische Wasserversorger VA SYD konnte durch das Auffinden kleiner Lecks die Verluste auf 8 % senken.

Das Unternehmen führte SIWA LeakFinder ein, eine KI-Technologie von Siemens, die Wasserdurchflussdaten analysiert, um Lecks bis zu einer Größe von 0,25 Litern pro Stunde und Kilometer Leitungslänge herab online aufzuspüren. Durch die laufende Sammlung und KI-unterstützte Auswertung der Durchflussdaten im Netz entstehen zudem immer genauere charakteristische Durchflussprofile und damit wird auch die Leckageerkennung immer noch genauer. Wenn aktuelle Daten von einem charakteristischen Profil maßgeblich abweichen, gibt SIWA LeakFinder eine Alarmmeldung ab, die auch die grobe Lage des Lecks anzeigt.

Das ermöglicht eine erheblich effizientere Reparatur von undichten Stellen, wodurch die gesamten Wasserverluste um bis zu 50 Prozent reduziert werden können. Denn genau die kleinsten Lecks – Wasser, das durch winzige Risse oder Spalten bei Rohrverbindungen lange Zeit unentdeckt entweicht – verursachen über die Zeit weitaus größere Verluste als ein Rohrbruch, der relativ rasch sichtbar ist und behoben werden kann.

Wasserverluste um zwei Prozentpunkte gesenkt

Dies gilt auch für VA SYD. Durch das Auffinden und Reparieren dieser kleinen Lecks konnte VA SYD die Wasserverluste im Trinkwassernetz von 10 Prozent auf 8 Prozent senken. Das KI-gestützte Projekt wurde in Schweden als Best Practice anerkannt und hat andere Gemeinden dazu veranlasst, die gleiche Lösung für die Wasserversorgung zu übernehmen. Zahlreiche Siemens- Referenzen weltweit bestätigen das zusätzlich.

„Auch in Mittel- und Osteuropa sind die Wasserversorger konsequent dabei, ihr Netzwerkmonitoring zu verbessern. Mit SIWA LeakFinder wollen auch zahlreiche kleine und mittelgroße Städte ihre Wasserverlustraten entscheidend senken“, erzählt Gilbert Schreiber, Sales Manager Wasser und Umwelt bei Siemens Österreich. Das Beispiel von VA SYD zeigt, wie KI dazu beitragen kann, den Betrieb von Trinkwassernetzen zu optimieren und Wasserverluste zu reduzieren, ohne dass ganze Netzstränge auf kostspielige Weise erneuert werden müssen. „SIWA LeakFinder ist eine weltweit erfolgreich eingesetzte Lösung. Wir stehen bereit für den Einsatz bei Kunden in Österreich und Mitteleuropa“, so Schreiber.

Wenn sie zielgerichtet eingesetzt wird, kann die KI also entscheidende Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft haben. Für Wasserwerke, die KI operativ in den Betrieb gut einzubinden verstehen und zum Beispiel die selbstlernenden Eigenschaften von KI-gestützten Werkzeugen optimal nutzen, könnte die Technologie sogar zu einer übergreifenden Überwachung des gesamten Wasserkreislaufs werden.