Zukunft der drahtlosen Kommunikation in der Industrie
5G-Kommunikationslösungen in der Industrie sind immer mehr im Kommen.
Genauso wie lokale Campusnetzwerke. Daneben wird intensiv an der Nutzung
neuer Frequenzbereiche für industrielle Umgebungen geforscht.
Zukunft der drahtlosen Kommunikation in der Industrie
Im internationalen industriellen Wettbewerb ist die kontinuierliche Steigerung der Produktivität sowie der Flexibilität von Prozessen und Produktionsabläufen unverzichtbar, um erfolgreich zu sein. Ein maßgeblicher Hebel dafür ist die Verstärkung der Digitalisierung aller Prozesse. Die Digitalisierung ermöglicht und unterstützt zahlreiche Innovationen, die als Service- und Produkteigenschaften für Kunden und Anwendende direkt erlebbar sind.
Eine besonders wichtige Grundlagentechnik für die Digitalisierung ist die Kommunikation und dabei im Speziellen die drahtlose Datenübertragung. Die Nutzung drahtloser Kommunikation verspricht deutliches Verbesserungspotential für Prozess- und Produktionsabläufe, höhere Flexibilität und einfachere Nachrüstung bestehender Anlagen und Einrichtungen. Siemens hat daher schon seit mehr als 20 Jahren Funklösungen für industrielle Anforderungen mit Industrial Wireless LAN im Portfolio und hat damit maßgeblich dazu beigetragen, drahtlose Kommunikation in der Industrie zu etablieren. Beispiele für Produkte am Markt sind SCALANCE W – Industrial Wireless LAN (Funkkommunikation für Industrieumgebungen) und SIMATIC Ident (Identifikationssystem für die Logistik).
Der größte Innovationstreiber in der Kommunikationstechnik ist seit einigen Jahren die mobile Kommunikation. Über die Jahre haben sich im Zusammenspiel von Komponentenherstellern (Halbleiter, …), Geräteherstellern, Systembetreibern und Anwendenden branchen- und länderübergreifende Standardisierungen entwickelt. Für die Nutzung von Funk ist aber nicht nur ein Standard für Hardware und Software erforderlich, sondern mindestens genauso wichtig ist die Verfügbarkeit von Frequenzen bzw. Frequenzbereichen.
Beginn einer neuen Ära der Funkkommunikation
Bei einer Funkübertragung wird in einem bestimmten Frequenzbereich, mit einer definierten Bandbreite und Sendeleistung für eine definierte Zeit ein Signal, genaugenommen eine elektromagnetische Welle, ausgesendet. Der Vorteil dieser Technologie ist, dass innerhalb der Funkreichweite zu stationären oder mobilen Teilnehmern sehr einfach eine Datenverbindung aufgebaut werden kann. Für eine störungsfreie Nutzung 4,2 GHz: Mit der Möglichkeit von lokalen Lizenzen unter diesem Frequenzbereich wird ab 2026 eine neue Ära der Funkkommunikation für die Industrie in Europa anbrechen von Funk ist es wichtig und notwendig zu reglementieren, wer, wann, wo und mit welcher Leistung bestimmte Frequenzen nutzen darf.
Bekannte Funkstandards wie Bluetooth oder WLAN nutzen unlizenzierte Frequenzbänder. Mobilfunknetze hingegen nutzen lizenzierte und kostenpflichtige Frequenzbänder. Auf Basis einer Lizenz haben nur die Lizenznehmenden das Recht, einen bestimmten Frequenzbereich zu nutzen.
Entscheidend für industrielle Anwendungen ist, dass auch für diesen Bereich die Vorteile von lizenzierten Frequenzen sowie standardisierter Hardware und Software zugänglich gemacht werden – besonders getriggert auch durch den Einsatz von 5G in der Industrie. Die Lizenzierung erlaubt die exklusive Nutzung einer Frequenz oder über einen 5G-Provider mittels Network Slicing die dedizierte Zuteilung von Kapazitäten. Nur so kann die sichere Verfügbarkeit und definierte Latenz (Deterministik) für die Funkdatenübertragung erreicht werden.
Besonders Automatisierungsanwendungen benötigen deterministische Kommunikation, um zuverlässig zu funktionieren. Im Bereich der Kommunikation mit Robotern ist das zum Beispiel der Fall, wo Befehle zeitgetreu beim Roboterarm ankommen müssen. Wichtig neben den technischen Eigenschaften ist auch die Verfügbarkeit von kostengünstigen Lösungen, bestehend aus Komponenten von unterschiedlichen Anbietern, welche erst durch standardisierte Schnittstellen und Protokolle wie 5G ermöglicht wird. Siemens war und ist beim Thema Frequenzlizenzierung und Standardisierung in unterschiedlichen Gremien und Arbeitskreisen aktiv, um die Interessen der Industrie einzubringen. Dazu gehören zum Beispiel Anforderungen wie hohe Verfügbarkeit der Kommunikation, lokale unabhängige Campusnetzwerke und hohe Datensicherheit.
Lokale Lizenzen für Campusnetzwerke und Industrienutzung
Weiters haben die Gesetzgeber erkannt, dass neben der flächendeckenden Versorgung mit Mobilfunk auch lokale Lizenzen für Campusnetzwerke und Industrienutzung volkswirtschaftlich sinnvoll und notwendig sind. Inzwischen haben bereits viele Länder Frequenzbänder für lokale Funknetzwerk-Lizenzen reserviert – in Österreich ist das aktuell der Frequenzbereich von 24,3 bis 24,9 GHz. Deutschland und einige andere große Industrieländer in Europa haben im Gegensatz zu Österreich bereits auch Frequenzen im Bereich unter 4,2 GHz für Campusnetzwerke reserviert. Eine Vorgabe der EU wird voraussichtlich ab Anfang 2026 eine verpflichtende Regelung für den Frequenzbereich 3,8–4,2 GHz bringen, innerhalb dessen lokale Netzwerke im Bereich von industriellen und nichtindustriellen Anwendungen EU-weit möglich sein müssen. Mit der Möglichkeit von lokalen Lizenzen im Bereich von unter 4,2 GHz wird eine neue Ära der Funkkommunikation für die Industrie in Europa anbrechen.
Die Forschungsgruppe Electronics for Communication and Radio Frequency Technology der Technologieabteilung von Siemens Österreich beschäftigt sich seit vielen Jahren mit allen Bereichen der Anwendung und Nutzung der Funktechnologie für die unterschiedlichen Siemens-Produktbereiche – wie beispielsweise 5G und zukünftige Funkstandards.
„Der Bedarf an Übertragung von immer größeren Datenmengen führt dazu, dass immer mehr und mehr Bandbreite notwendig ist und die aktuell genutzten Frequenzen fast vollständig belegt sind. Daher ist ein besonderer Forschungsschwerpunkt die Nutzbarmachung neuer, höherer Frequenzbereiche“, erklärt Martin Schiefer, der Leiter der erwähnten Forschungsgruppe. In diesem Spektrum sind sehr große Bandbreiten verfügbar und damit sehr hohe Datenraten und besonders kurze Latenzen möglich. Außerdem sind in diesem Bereich kleinere Funkzellen einfach zu realisieren und im Moment noch keine Nutzenden vorhanden.
“Der Bedarf an Übertragung
von immer größeren Datenmengen führt dazu, dass
immer mehr und mehr
Bandbreite notwendig
ist. Daher ist ein besonderer
Forschungsschwerpunkt
die Nutzbarmachung neuer, höherer Frequenzbereiche.“
Martin Schiefer, Leiter Forschungsgruppe Electronics for Communication and Radio Frequency Technology, Siemens Österreich
„Eine Herausforderung ist die aktuell hohe Abhängigkeit von herstellerspezifischen und hochintegrierten Halbleitern für diesen Frequenzbereich und diese Art der Wellenausbreitung auf Grund der kürzeren Wellenlänge im Vergleich zum Frequenzbereich kleiner 4,2 GHz“, so Schiefer. Ähnlich wie bei Schallwellen ist auch bei der Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen die Beugung der Welle an Hindernissen abhängig von der Wellenlänge. Frequenzen mit langen Wellenlängen, z.B. tiefe Töne oder Funk bei Frequenzen im MHz-Bereich und kleiner, sind deutlich besser in der Lage, im ganzen Raum gehört bzw. empfangen zu werden. Je höher die Frequenzen sind, desto stärker treten Abschattung und Funklöcher auf.
Um diese Herausforderungen für die Kunden zu lösen, arbeitet das AIT (Austrian Institute of Technology) als Leiter des FFG-geförderten Forschungsprojekts RISILIENT (RIS enabled reliable and efficient wireless communication) gemeinsam mit Siemens Österreich an zukünftigen kostengünstigen Technologien wie intelligenten Reflektoren und elektrisch schwenkbaren Antennen, um eine energieeffiziente und zuverlässige drahtlose Kommunikation zu ermöglichen und die Abhängigkeit von herstellerspezifischen Komponenten zu verringern. Gemeinsam erforschen und erproben die Partner den Einsatz von sogenannten RIS (reconfigurable intelligent surfaces) als smarte Reflektoren und als Teil einer aktiven Antenne.
Das AIT und Siemens erproben gemeinsam den Einsatz von sogenannten RIS (reconfigurable intelligent surfaces – im Bild) als smarte Reflektoren und als Teil einer aktiven Antenne.
Eine RIS ist eine kostengünstige, anpassungsfähige, dünne Platte aus Verbundwerkstoff mit vielen Antennenelementen in Sub-Wellenlängengröße. Jedes RIS-Element ist stromsparend und benötigt keine speziellen hochintegrierten Mikrochips, sondern verwendet diskrete Komponenten wie PIN-Dioden, Kondensatoren oder Transistoren. Durch die konfigurierbare Überlagerung der Reflexionseigenschaften jedes einzelnen Antennenelements wird ein richtungsabhängiger Verstärkungseffekt erzielt. So soll die Optimierung der Funkabdeckung auch in stark abgeschatteten Bereichen, zum Beispiel innerhalb einer Fertigungshalle, einfach möglich gemacht werden. Das Forschungsprojekt wurde im Jänner 2025 gestartet und erstreckt sich über einen Forschungszeitraum von drei Jahren.
Siemens bietet 5G-Produkte mit bester Verfügbarkeit, garantierten Latenzen und maximalen Datenraten an.
Siemens bietet seit 2023 5G-Produkte am Markt an, die beste Verfügbarkeit, garantierte Latenzen und maximale Datenraten bieten. Sowohl die industrielle 5G-Infrastruktur als auch die SCALANCEMUM- 5G-Mobilfunk-Router von Siemens wurden speziell für die Industrie mit ihren individuellen Anforderungen entwickelt. Diese Lösungen sind industrieerprobt und maßgeschneidert für Anwendungen in Bereichen wie Fertigung, Prozessindustrien und Intralogistik. Durch die lizenzierte Frequenz werden Daten und Unternehmenswerte geschützt und Interferenzen und damit Störungen vermieden. „Mit unseren aktuell verfügbaren Systemen für die industrielle Kommunikation können wir einen entscheidenden Mehrwert für Unternehmen bieten. In Österreich hat zum Beispiel der Telekommunikationsanbieter A1 unsere Lösungen für Industriekunden im Angebot. Daneben committen wir uns durch intensive Forschung zur Weiterentwicklung dieser Technologien“, sagt Benjamin Schrunner-Pfeiffer, Digital-Connectivity- Experte bei Siemens Österreich.
“Mit unseren aktuell verfügbaren
Systemen für die industrielle Kommunikation können wir
einen entscheidenden Mehrwert für Unternehmen bieten. Daneben committen wir uns durch intensive Forschung zur
Weiterentwicklung dieser
Technologien.“
Benjamin Schrunner-Pfeiffer, Digital- Connectivity-Experte bei Siemens Österreich