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Aus 20 mach eins: Die neue Generation von Werkzeugmaschinen

Drehen, Bohren, Fräsen und Schleifen sind wesentliche Bearbeitungsschritte in der…

Digitale Transformation

14.07.2023

Lesezeit 6 Min

Siemens

Drehen, Bohren, Fräsen und Schleifen sind wesentliche Bearbeitungsschritte in der Zerspanungstechnologie. Üblicherweise werden sie nacheinander mit mehreren Werkzeugmaschinen, die meist mit verschiedenartigen Steuerungssystemen ausgestattet sind, durchgeführt. Die Folge davon ist ein Mix unterschiedlicher Technologien und Steuerungsgenerationen, der in vielen Shopfloors zu finden ist und entsprechenden Wartungsaufwand verursacht. Um das zu vermeiden und seinen Kunden eine effiziente, integrierte Lösung zu bieten, realisierte der oberösterreichische Maschinenbauer SEMA eine innovative Anwendung: Sämtliche CNC-Bearbeitungsschritte werden über eine einzige Rundtaktanlage abgewickelt. Ermöglicht wird dies durch die Digital-Native-CNC Steuerung SINUMERIK One von Siemens, die eine durchgängige Bedienung und Zusammenführung verschiedener Technologien in einer Maschine unterstützt.

„95 Prozent der CNC-Anwender setzen eine Steuerung mit 6 bis 15 Achsen ein, was bereits einer hochwertigen Dreh- und Fräsmaschine entspricht. Wir haben im Rahmen von Kundenprojekten nun erstmals drei SINUMERIK-One-Steuerungen mit bis zu 79 Achsen in einer Maschine verbaut. Die SEMA MT-40-C, die mit dieser Steuerungslösung ausgestattet ist, ersetzt dadurch bis zu 20 Standardmaschinen“, erklärt Johannes Weiermair, technischer Leiter und Prokurist bei SEMA, und fügt hinzu: „Damit ist uns ein wesentlicher Technologiesprung gelungen. Wir sind hier international ganz vorne mit dabei und können die neue Steuerungslösung künftig bei all unseren Maschinen einsetzen.“

Hohe Produktivität für Automobilfertigung

Bei den SEMA-Transfermaschinen der C-Serie handelt es sich um hochgenaue Zerspanungsanlagen in Rundtakt-Bauweise für die Bearbeitung bei hohen Stückzahlen. Die SEMA MT-40-C ermöglicht auf 8 bis 20 Stationen gleichzeitig Bauteile bis zu einer Kubusgröße von 100 mm auf entkoppelten Werkstückträgern zu bearbeiten. Die Stationen können dabei horizontal oder vertikal ausgerichtet sein und die Werkzeugspindel kann auf drei Achsen bewegt werden. Das Werkstück selbst lässt sich am Werkstückträger zusätzlich auf der C-Achse rotieren. Die Beladung der Maschine erfolgt über eine vorgelagerte Automatisierungszelle. An der Entnahmestelle wird das fertige Werkstück an die nachfolgende Automatisierungszelle übergeben. Die Produktionsgeschwindigkeit ist enorm und entspricht nur fünf bis sieben Sekunden pro Werkstück.

Einfacher Zugang in der 79-CNC-Achsen-Rundtaktanlage trotz kompakter Bauweise (Fotos: SEMA).

„Die PLC-Zykluszeit, also der Takt, den die Steuerung zum Einlesen, für die Verarbeitung und die Ausgabe der Daten zur Verfügung stellt, ist mit der SINUMERIK One um das 20fache schneller als bei Vorgängerlösungen und beträgt nur rund sechs Millisekunden“, erzählt SEMA-Softwareentwickler Tim Liebetrau. Zugleich ist eine vielfach höhere Datengröße pro Datensatz zulässig, wodurch eine wesentliche Kundenanforderung – nämlich möglichst umfassende Daten zum produzierten Werkstück, wie etwa Kühlmitteltemperatur, Vorschub, Geschwindigkeit, Greifdruck etc., zur Verfügung zu stellen – besser erfüllt wird.

„Für die Steuerungstechnik stellen die integrierte Lösung und die hohe Produktionsgeschwindigkeit eine große Herausforderung dar. Mit der SINUMERIK One konnten wir das aufgrund ihrer starken Prozessorleistung erfolgreich bewältigen“, erklärt Günter Dreindl, Vertriebsbeauftragter Digital Industries bei Siemens Österreich, und betont: „SEMA ist in der Branche eindeutig ein Vorreiter, der immer wieder neue Lösungswege ausprobiert.“ Weiermair ergänzt: „Für uns war es eine wichtige Investition in die Zukunft, die wir mit Unterstützung von Siemens gewagt haben.“ Vier SEMA-MT40-C-Werkzeugmaschinen mit dieser innovativen Steuerungslösung werden bereits in der Automobilfertigung namhafter Hersteller in den USA und in Europa eingesetzt, um Komponenten für Fahrassistenzsysteme für E-Autos und Hybridfahrzeuge zu produzieren.

Mit der Digital-Native-CNC SINUMERIK One können Maschinenbauer Digitale Zwillinge von Werkzeugmaschinen auf einfache Weise erstellen und mit ihnen arbeiten. Für die Simulation werden die gleichen Softwarebausteine verwendet, wie sie später die Maschine für die Produktion nutzt. „Deshalb ist die SINUMERIK One auch die erste Wahl, wenn neue, revolutionäre Maschinenkonzepte realisiert werden sollen, denn damit wird das Maximum an Produktivität für eine Werkzeugmaschinen-Anwendung herausgeholt“, sagt Dreindl.

„Für uns war es eine wichtige Investition in die Zukunft, die
wir mit Unterstützung von Siemens gewagt haben.“


Johannes Weiermair, technischer Leiter und Prokurist bei SEMA

Weiermair bestätigt: „Die realitätsgetreue Bearbeitungssimulation ist ein großer Pluspunkt der Steuerung. Wir arbeiten bereits in der Konstruktionsphase der Maschine mit 3D-Modellen, sowohl der Maschine als auch der Steuerung, mit denen wir die Programmierung der Werkstücke und die Einrichtung und den Betrieb der Maschinen ganz ohne Hardware detailliert simulieren können. Dadurch können wir Programmier- und Einrichtevorgänge aus der realen Fertigung virtuell ins Büro oder sogar Homeoffice verlagern.“ Das verringert insgesamt den Zeitaufwand für die Produktentwicklung sowie die spätere Inbetriebnahme. Neues Bedienpersonal kann virtuell eingewiesen werden, ohne die Maschine zu blockieren. Unproduktive Zeiten an der Maschine werden auf ein Minimum reduziert.

Fernwartung sorgt für Resilienz

Die SINUMERIK One fügt sich umfassend in das TIA-Portal (kurz für Totally Integrated Automation Portal) von Siemens ein und vereinfacht durch den durchgängig digitalen Entwicklungsprozess und das einheitliche, zentralisierte Datenhandling sämtliche Engineeringaufgaben, wodurch das Fehlerpotenzial durch inkonsistente Daten eliminiert wird. Auch für die Instandhaltung der Maschine wird es einfacher, die komplette Maschine zu diagnostizieren, um mögliche Fehlerquellen rasch zu finden. Anhand von digitalen Selbstoptimierungstools, Predictive-Maintenance-Tools für reduzierte und geplante Stillstandzeiten und intelligente Assistenzsysteme für die Maschinensicherheit und -bedienung kann die Produktionseffizienz und -zuverlässigkeit um ein Vielfaches gesteigert werden. Ein wichtiges Feature dabei ist die Fernwartung über Siemens-SIMATIC-Anwendungen direkt an der Maschine, ohne dass Technikpersonal vor Ort anwesend sein muss. Dadurch kann SEMA seinen Kunden schnelle Reaktionszeiten garantieren und bleibt auch in Krisenzeiten handlungsfähig. Maschinenausfälle, die gerade in der Großserienfertigung zu enormen Produktionseinbußen führen würden, werden vermieden.