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Batterierecycling in großem Stil

Eine hochmoderne Anlage für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien gewinnt wertvolle Rohstoffe aus alten Batterien und schont dadurch die natürlichen...

Digitale Transformation

13.07.2023

Lesezeit 6 Min

Siemens

Durch das Recycling von Batterien lässt sich die Umweltbelastung gleich doppelt verringern: Zum einen entsteht weniger Abfall, zum anderen werden wertvolle Rohstoffe zurückgewonnen, was die natürlichen Vorkommen entlastet. Dieses Urban Mining funktioniert – das zeigt die Redux-Hightech-Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien in Bremerhaven. Die Anlage hat aktuell eine technische Kapazität von 20.000 Tonnen pro Jahr und erreicht Recyclingquoten, die um bis zu 40 Prozent über den gesetzlichen Zielwerten und damit insgesamt bei 60 bis 70 Prozent liegen.

Die hochmoderne Anlage ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zweier Unternehmen, die beide Vorreiter bei Zero Waste und Kreislaufwirtschaft sind: des mehrfach ausgezeichneten Recycling und Entsorgungsunternehmens Saubermacher AG aus Feldkirchen bei Graz und der Eggersmann Anlagenbau GmbH, eines der führenden Hersteller im Anlagen- und Sondermaschinenbau für die Abfallwirtschaft aus Nordrhein-Westfalen. Die Expert:innen der Redux Recycling GmbH, die seit 2016 zur Saubermacher AG gehört, entwickelten dazu gemeinsam mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Saubermacher die notwendigen Verfahren und die Technik.

Auf dieser Basis erarbeitete Redux dann gemeinsam mit dem Projektteam bei Eggersmann die technische Umsetzung der Anlage. Dabei achtet Redux nicht nur darauf, dass möglichst viele Wertstoffe aus den Zellen wiedergewonnen werden. Das Unternehmen hat auch einen Weg gefunden, die beim Deaktivieren der Batterie freigesetzte Energie nutzbar zu machen und in das Stromnetz einzuspeisen – und so auch die Restenergie der Zellen zurückzugewinnen.

Technisch anspruchsvoller Prozess

Eine der Herausforderungen für die Anlagenbauer bei Eggersmann war, dass das Material in der Anlage besondere Eigenschaften besitzt, wodurch Elemente wie Förderschnecken stark beansprucht werden. Zum anderen musste die Anlage so konzipiert werden, dass sie ohne Unterbrechungen arbeiten kann und auch bei wechselnden Reststoffströmen eine hohe Ausbeute an Wertstoffen liefert. Neben diesen verfahrenstechnischen Anforderungen hatte das Projektteam bei Eggersmann aber auch im Bereich der Anlagenautomatisierung einige besondere Anforderungen, erinnert sich Dietmar Brackmann, Elektro-Projektleiter bei Eggersmann Anlagenbau: „Unter anderem stand nur sehr wenig Platz für die Schaltschränke zur Verfügung, sodass wir eine möglichst kompakte Lösung für die Antriebstechnik benötigten, zum anderen mussten die eingesetzten Komponenten auch den zu erwartenden hohen Umgebungstemperaturen in der Anlage standhalten können.“

Eggersmann setzt im Bereich der Elektrifizierung und Automatisierung dabei schon seit Jahren auf Komponenten von Siemens. Dabei schätzt das Unternehmen nicht nur die Zuverlässigkeit der Systeme, sondern profitiert auch von einer guten weltweiten Akzeptanz und Verfügbarkeit – „unsere Anlagen für die mechanische und biologische Abfallbehandlung sind buchstäblich über den ganzen Erdball verteilt“, so Brackmann, „deswegen sind auch Aspekte wie die UL-Zertifizierung, die viele der Siemens-Komponenten mitbringen, für uns ein wichtiger Aspekt.“ Gerade bei einem technisch anspruchsvollen Projekt wie der neuen Recyclinganlage profitierte Eggersmann zudem von der leichten Integration der Komponenten in die Anlagenlösung.

„Um eine möglichst einfache Bedienung der Anlagen vor Ort zu ermöglichen, wollte Redux ein nutzerfreundliches Bedienerkonzept mit den SIMATIC HMI Comfort Panels und SIMATIC WinCC Advanced implementieren. Gleichzeitig sollte WinCC eine Vielzahl an Anlagenparametern zur Optimierung der Prozesse an überlagerte Systeme übergeben“, erklärt Holger Iderhoff, der bei Eggersmann Anlagenbau für den Bereich Software verantwortlich ist. Dazu implementierte Eggersmann eine angepasste SCADA-Lösung mit einer speziellen Exportfunktion. „Da diese Anforderung so nicht alltäglich ist, haben wir auch das Know-how von Siemens genutzt“, ergänzt Dietmar Brackmann.

Über die SIMATIC HMI Panels können die Mitarbeitenden in der Produktion alle relevanten Parameter aufrufen.

Komplex und trotzdem kompakt

Auch die Integration der Feldgeräte und Teilnehmer in die Automatisierung war bei diesem Projekt alles andere als Standard, so Brackmann weiter: „Um den Prozess lückenlos zu überwachen und zu steuern, kommen in Bremerhaven eine Vielzahl von Sensoren und Aktoren zum Einsatz. Daher haben wir auch die Netzwerktopologie speziell an das Projekt angepasst.“ Um dennoch Platz in den Schaltschränken zu sparen, installierte Eggersmann die SINAMICS-G120D Frequenzumrichter in Schutzart IP65 direkt in der Anlage. „Diese Art der Installation haben wir bei der Redux-Anlage zum ersten Mal umgesetzt und sie hat wirklich gut funktioniert. Wir werden diese Option jetzt auch für zukünftige Projekte nutzen, wenn wir wenig Platz im Schaltschrank haben“, so das Fazit des Projektleiters.

Die Schaltschränke sind platzsparend im Bereich der Beschickung platziert (Fotos: Siemens).


Und auch Redux selbst ist mit der Ablage sehr zufrieden. Die intuitive Echtzeit-Systemdiagnose hilft, Fehler schnell zu lokalisieren und zu beheben, wodurch der Wartungsaufwand und die Stillstandszeiten sinken. Die Möglichkeit, Prozess- und Produktionsdaten aus der Anlage zu analysieren und auszuwerten, unterstützt die Verbesserung der Prozesse und ist die Grundlage für die optimale Auslastung der Recyclinganlage. Und die Anlage ist mehr als gut ausgelastet – daher plant Redux bereits, die Kapazitäten auf bis zu 30.000 Tonnen auszubauen. Parallel arbeitet das Unternehmen daran, die Effizienz und Ausbeute seiner Prozesse zu erhöhen. Dazu gehört auch ein höherer Automatisierungsgrad im Bereich der Demontage von Lithium-Ionen-Akkus aus Elektrofahrzeugen. So will das Unternehmen das Batterierecycling auch in wirtschaftlicher Sicht attraktiver machen – und so der Vision einer abfallfreien Zukunft ein Stück näherkommen.

(Weiteres Foto: iStock/Getty Images Plus/zorazhuang)