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Fehlersichere Kommunikation über 5G

Interview mit Jorge Ospina, Sales Specialist für Digital Connectivity & Power Products bei Siemens in Wien

Digitale Transformation

02.09.2022

Lesezeit 7 Min

Siemens

Roboter müssen zukünftig intelligenter, mobiler und effizienter werden. Diese Evolution bedarf einer größeren Anzahl von Sensoren, nach außen verlagerten Berechnungen und mehr Vernetzung untereinander. Dies wird durch die Weiterentwicklung industrieller Kommunikation über 5G ermöglicht. Erst wenn die Kommunikation zwischen mobilen Robotern und ihrer Umgebung zuverlässig ist, kann die Sicherheit der Menschen, Maschine und Umwelt gewährleistet werden. Deshalb bleibt fehlersichere Kommunikation eine zentrale Herausforderung in der Industrie. Um diesen neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, wird im Zuge des 5G Playground Carinthia intensiv geforscht. Wir haben unserem Kollegen Jorge Ospina, Sales Specialist für Digital Connectivity & Power Products bei Siemens, zum Thema „Fehlersichere Kommunikation über 5G“ befragt.

Jorge Ospina, Sales Specialist für Digital Connectivity & Power Products, Siemens© Siemens
Jorge Ospina, Sales Specialist für Digital Connectivity & Power Products, Siemens (Copyright: Siemens)

Jorge, bitt erzähle uns ein wenig über die Partnerschaft zwischen Siemens und Joanneum Research.

Der 5G Playground Carinthia wurde von der Joanneum Research Robotics gegründet. Er stellt eine realistische Industrie-Umgebung für das Testen verschiedener Kommunikationsarten zwischen Arbeitsplätzen, Maschinen und mobilen Robotern bereit. Teil dieser Infrastruktur wurde von Siemens bereitgestellt. Zusätzlich haben wir unsere Kompetenzen und Kenntnisse im industriellen Bereich zur Verfügung gestellt. In letzter Zeit haben wir intensiv an einem Projekt teilgenommen, das sehr spannend für uns war. Während dieser Partnerschaft hatten wir die Möglichkeit, unsere Produkte in einer speziell entwickelten 5G-Infrastruktur zu testen. Unsere Ziele waren, konkrete Anwendungen von 5G in der Industrie zu erproben, die 5G-Fähigkeiten unserer Produkte zu testen, und allgemein die Industrie durch diese Forschung zu unterstützen.  

Worum ging es bei dem Projekt?

Das Projekt und dessen Ziel ist besonders zukunftsweisend, denn es verbindet einen mobilen Roboter und eine Mini-Anlage inklusiv stehendem Roboter, Förderbändern und Not-Aus Schalter miteinander über 5G. Bei Auslösung eines Not-Aus Schalters soll die Anlage und auch der mobile Roboter sofort und sicher gestoppt werden. Konkret wird das Signal dieses Schalters mit einem fehlersicherem Kommunikationsprotokoll zwischen einem SPS auf dem mobilen Roboter und einem SPS auf der Anlage über 5G übertragen. Dafür wurde eine Siemens SPS (S7-1500) auf dem mobilen Roboter über einen Siemens 5G Mobilfunk Router (SCALANCE MUM856-1) an die private 5G-Infrastruktur angebunden.
Während eines Live-Tests konnten wir gemeinsam mit Joanneum Research erfolgreich beweisen, dass die gesamte Infrastruktur den Anforderungen dieser Kommunikation bezüglich Latenz (Reaktionszeit) und Verfügbarkeit gerecht wird und dass 5G die Anforderungen eines solchen Safety Signales erfüllen kann. 

Safety ist ein wesentlicher Bestandteil der Industrie. Was ist jetzt anders im 5G Kontext und warum ist es so wichtig? 

Die sogenannten Safety Signale werden in der Industrie sehr oft verwendet. Jenseits des Beispiels mit mobilen Robotern sind sie immer dort relevant, wo Mensch und Maschine im selben oder engen Raum zusammenarbeiten. Das Thema wird auch in der fehlersicheren Antriebstechnik, Schalttechnik, Prozesssicherheit oder allgemeinen Automatisierungssystemen realisiert. Ob Fehler in Stromversorgung, Hardware, Programmierung oder Kommunikation, der Mensch darf nie in Gefahr sein. Um solche Signale über 5G zu übertragen, muss eine gewisse Latenz und Verfügbarkeit gewährleistet werden. Ohne dieser Garantie kann das Signal nicht sinnvoll implementiert werden.

Vorteile von 5G© Siemens
Vorteile von 5G (Copyright: Siemens)

Das Thema Industrial 5G wird immer präsenter, gibt es andere Beispiele? 

Safety Signale über 5G sind ein Prüfstein der Entwicklung der 5G-Infrastruktur. Zukünftige Entwicklungen in 5G versprechen neue Anwendungen und auch das Optimieren bestehender Lösungen. Für neue Anwendungen sieht man Potenzial in Augmented-Reality, autonomen Maschinen, sehr großen Sensornetzwerken und Industrial Edge. Es können auch bestehende Anwendungen wie beispielsweise Fernsteuerung, Fernzugriff oder Konnektivität in Prozessautomatisierung mit 5G optimiert werden. Auch zeigt die Implementierung von Safety Signalen, dass 5G schon einsatzbereit ist. Weiterhin werden die derzeitigen Grenzen von 5G bezüglich niedriger Latenz, höherer Bandbreite und höherer Anzahl der Geräte von der Joanneum Research erprobt.

Wie kann man sich den Einsatz von 5G im Umfeld von mobilen Robotersystemen vorstellen? 

Um die Umgebung umfassend wahrnehmen zu können, verwenden Robotersysteme unterschiedliche Sensortechnologien. Auf mobilen Robotern sind derzeit sämtliche benötigte Sensoren fix verbaut. Mitunter ist es jedoch sinnvoll, beispielsweise auch direkt an den Arbeitsplätzen spezielle Sensorik einzusetzen, um die Umgebung optimal zu erfassen, eine Aufgabe zu erfüllen oder Sicherheit gewährleisten zu können. Der Einsatz von 5G-Technologien macht es möglich, diese Sensoren dynamisch für den Roboter an jenen Orten zugänglich zu machen, an denen sie benötigt werden. Dabei gibt es unterschiedlichste Sensortechnologien, die spezielle Anforderungen bzgl. Bandbreite, Latenz und Verlässlichkeit an eine 5G-Konnektivität stellen. Einerseits benötigen Kameras eine hohe Bandbreite, eine Datenübertragung in Echtzeit ist nicht unbedingt notwendig. Andererseits erfordern sicherheitsrelevante Sensoren keine hohen Bandbreiten, die Datenübertragung ist aber höchst zeitkritisch und muss verlässlich erfolgen. Diese beiden Extreme gilt es in einem drahtlosen 5G- Netzwerk zu vereinen. 5G ermöglicht erstmals auch die Nutzung von Edge Computing. Dabei wird die Datenverarbeitung auf ein geografisch nahegelegenes Rechenzentrum oder auf Rechenkapazitäten direkt an der 5G- Sendestation ausgelagert, um die Kommunikationswege und damit auch die Latenz gering zu halten. Diese Technologie ist insbesondere für rechenintensive Funktionen wie die Objekterkennung interessant, welche bei mobilen Robotern derzeit auf die OnBoard Rechenkapazität beschränkt ist. 

Jorge, vielen Dank für das Gespräch. 

Über das 5G Testlabor 

Der 5G Playground Carinthia ist ein modernes 5G-Testlabor für Forschung und Entwicklung von 5G-Anwendungen, Produkten, Prozessen sowie Applikationen in Österreich. Er steht jedem, der unter optimalen 5G Bedingungen seine Produkte und Anwendungen testen möchte offen. Die fünfte Mobilfunkgeneration zeichnet sich durch Spitzendatenraten bis zu 10 Gigabit pro Sekunde, extrem niedrige Latenzzeiten sowie eine hohe Energieeffizienz aus. All diese Vorteile stehen Ihnen im 5G Playground im Lakeside Science & Technology Park in Klagenfurt am Wörthersee zur Verfügung. Die technische Infrastruktur wurde von A1 Telekom Austria Group zur Verfügung gestellt. Der Playground selbst wird von der BABEG Kärntner Betriebsansiedlungs- und Beteiligung GmbH betrieben.