Mehr Mut und Tempo
Aktuelle Trends im Bauen mit Recyclingbeton.
Siemens
Glas, Metall oder Papier wiederzuverwerten, ist gängige Praxis. Aber wie sieht es bei Beton aus? Etwas versteckt hinter anderen Recyclingstoffen arbeiten Expert:innen und Forschungseinrichtungen an ökologischen und gleichzeitig wirtschaftlichen Lösungen, und das Bauen mit Recyclingbeton ist mittlerweile weit verbreitet. Doch es ginge noch mehr.
Diese Meinung vertritt Roland Wernik, Geschäftsleiter der Salzburg Wohnbau Gruppe, und steht damit gewiss nicht alleine da: „Der Weg geht in die richtige Richtung – doch zu verhalten.“ Dabei ist sein Unternehmen seit langem in diesem Segment hochaktiv. Salzburg Wohnbau hat vornehmlich im eigenen Bundesland, aber auch in Kärnten, Tirol und Bayern bereits unzählige Projekte primär im sozialen Wohnbau und kommunalen Hochbau umgesetzt. Gerne gehe das Unternehmen dabei Kooperationen ein, denn „in fairen Partnerschaften liegt Entwicklung“, so Wernik. Diese knüpfen auch intensiv an den Forschungsbereich an, etwa mit FutureBuilt in Oslo oder der ETH Zürich. Insbesondere die Zusammenarbeit mit der Schweiz trage reiche Früchte, wenn es darum geht, Altbeton wiederzuverwerten. „Die Schweiz steckt viel Energie und finanzielle Mittel in die Forschung und als Ergebnis ist deutlich zu sehen, dass man heute gegenüber Österreich und Deutschland einige Schritte voraus ist.“
Betonrecycling Gebot der Stunde
Betonrecycling ist für Wernik Gebot der Stunde: „Betrachtet man die Menge an Rohstoff, in unserem Fall Schotter, die wir täglich aus der Natur entnehmen, ist dies erschreckend. Gleichzeitig fallen Altrohstoffe aus Rückbauten an, mit denen etwas geschehen muss.“ Diese Altstoffe gewinnen immer mehr an Wert, so lassen sich beispielsweise Gipskartonplatten aus Abbruchgebäuden mittlerweile verkaufen und im Herstellungsprozess neuer Platten wiederverwenden. Früher musste für die Entsorgung bezahlt werden. Ähnlich verhält es sich mit Beton. Aktuelles Beispiel ist die Sanierung der Tauernautobahn in Salzburg: Beim Abbruch der alten Fahrspuren und Brücken lassen sich große Mengen an hochwertigem Altbeton gewinnen, der sich hervorragend weiterverarbeiten lässt. „Da kaum Verunreinigungen enthalten sind, können wir bei Neubauten die höchstmögliche Beimischungsquote, dass sind laut aktueller Norm 38 Prozent,realisieren“, sagt der Experte. Damit ist Salzburg Wohnbau, zweifellos ein Vorreiter in Sachen Recyclingbeton, auf einem sehr guten Weg – nicht zuletzt, weil das Deponieren von mineralischen Materialen in absehbarer Zeit von gesetzlichen Vorgaben untersagt wird.
Roland Wernik strebt jedoch mehr an – konkret 50 Prozent. Und das sei sofort machbar, die Gespräche mit Normungsinstituten laufen. Unter der Voraussetzung, dass die Reinheit des Recyclats hoch ist, was mit einer Trennung von Fremdstoffen und einer sorgfältigen Aufbereitung erreicht wird, sind dessen Eigenschaften von neuem Beton nicht zu unterscheiden. Und das werde laufend durch Prüfverfahren untermauert. „Die immer besseren Verfahren, ein Gebäude rückzubauen, unterstützen uns hier besonders“, so Wernik. So ist die effiziente Trennung des Betons von Holz, Stahlbewehrung, Dämmstoffen und anderen Materialien technisch keine Hexerei mehr. Dass das gewaschene und gebrochene Altbetongranulat Reste von Zement enthält, gereicht sogar zum ökologischen Vorteil: „Die Reste des Zements binden nämlich CO2 aus der Atmosphäre.“ Diese überraschenden wie positiven Eigenschaften hat ein Forschungsteam der ETH Zürich ans Licht gebracht. In Zahlen ausgedrückt sind dies etwa 10 bis 20 kg CO2 pro m³ Beton. Klingt nicht viel, doch hält man sich vor Augen, wie viele Tonnen Beton verbaut werden, sieht die Sache gleich anders aus: Beim Bau einer durchschnittlichen Schule kommen 2.000 bis 3.000 t Recyclatbeton zum Einsatz.
Enorme ökologische Vorteile
Apropos Ökologie: Umweltschonend ist die Wiederverwertung von Beton auch, weil die Wege kurz sind und sich so transportlogistische Vorteile ergeben. Das Recyceln von Beton beinhaltet keine finanziellen Nachteile, aber enorme ökologische Vorteile. Dies haben andere Länder schneller erkannt. Wernik zieht einen Vergleich zwischen der Schweiz und Österreich: „In der Schweiz darf kein öffentliches Gebäude ohne Einsatz von Recyclatbeton errichtet werden. Österreich ist nicht so konsequent: Es wurde in den Richtlinien für nachhaltige Beschaffung für öffentliche Gebäude lediglich festgehalten, dass bei Preisgleichheit jener Auftragnehmer zu bevorzugen ist, der Nachhaltigkeit nachweisen kann.“ Für Zukunft ist klar: Wir müssen bereits vorhandene Materialien verwenden und nicht weitere Rohstoffe aus der Natur entnehmen“, bringt es Roland Wernik auf den Punkt. Ziel müsse es daher sein, bei Neubauten bis zu 100 Prozent Recyclingbeton einzusetzen. Das sei technisch nachgewiesenermaßen machbar – doch Normen und gesetzliche Vorschriften lassen die Umsetzung derzeit nicht zu. Wernik: „Es gibt immer wieder Änderungen und Anpassungen, die in diese Richtung weisen. Doch wünschen wir uns im Interesse der Nachhaltigkeit mehr Mut und Tempo.“
„Recycelter Beton ist in seinen Eigenschaften von neuem nicht zu unterscheiden.“
Roland Wernik, Geschäftsleiter der Salzburg Wohnbau Gruppe