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Späte Intervention

Anpassung der Produktion kurz vor der Fertigung in der Praxis.

Forschung & Entwicklung

26.03.2020

Lesezeit 3 Min

Siemens

„Im Alltag profitieren wir bereits von der Digitalisierung“, erklärt Michael Heiss von Siemens Digital Industries und nennt als Beispiel den Versandhandel. Ein Kunde kann jederzeit verfolgen, wo sich sein Paket befindet und kurzfristig den Zustellort ändern, obwohl das Paket bereits unterwegs ist. „Diese Einflussnahme durch den Kunden während des laufenden Prozesses ist nur möglich, wenn alle Daten durchgängig verfügbar sind. Die späte Intervention durch den Kunden, die sogenannte ‚Late Customer Intervention‘, wollen wir auch in der industriellen Fertigung realisieren“, sagt Heiss.

In der Praxis kommt es nämlich häufiger vor, dass eine Bestellung nachträglich noch geändert werden muss. Ist die Fertigung bereits durchgeplant oder hat schon begonnen, führt das zu zusätzlichen Kosten und verzögerten Lieferterminen. Der Auftrag muss storniert, die Maschinen umprogrammiert und der geänderte Auftrag wieder neu eingeplant werden. Unternehmen, die diese Anpassungen schnell genug schaffen, sodass der Liefertermin eingehalten werden kann, haben einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Rasche Produktänderung

In der Pilotfabrik smartfactory@tugraz wird demonstriert, wie Late Customer Intervention in der Praxis funktionieren kann: Als Beispielprodukt dient ein Getriebe für Roboterarme. Ein Kunde bestellt ein Getriebe mit fünf Schrauben und merkt nachträglich, dass im Roboterarm nur vier Schrauben Platz haben. Nun muss die Fertigung kurz vor der Produktion entsprechend angepasst werden. Dafür wird die Getriebekonstruktion in der Siemens-Teamcenter-Software geöffnet und die Anzahl der Bohrungen geändert. Automatisch wird die Finite-Elemente-Festigkeitssimulation aktualisiert, damit die Festigkeit für die geplante Anwendung auch mit nur vier Schrauben ausreichend ist. Ebenso wird die Programmierung der Werkzeugmaschine automatisch angepasst und am Digitalen Zwilling der Werkzeugmaschinen geprüft. So wird sichergestellt, dass der Steuerungscode funktioniert und keine Schäden an der Maschine auftreten. Erst nach dieser Freigabe darf der Steuerungscode über ShopFloor Connect direkt zur echten Werkzeugmaschine geschickt und dort ausgeführt werden. Zeitbedarf für die gesamte Produktadaption? Lediglich fünf Minuten.

Das dahinter liegende Geheimnis ist das Designprinzip der Smart Factory: Daten werden nur einmal eingegeben und via Teamcenter allen nachfolgenden Prozessen zur Verfügung gestellt. Daten händisch in nachfolgenden Systemen einzugeben, gilt als absolut tabu. Denn erst die Datendurchgängigkeit ermöglicht, Änderungen in kürzester Zeit umzusetzen und den geplanten Produktionszeitplan einzuhalten.

Weitere Informationen:
smartfactory@tugraz